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Für die Sat 1 Talent Class 2005 entwickelte ich dieses Drehbuch. Falls sich jetzt einige Schauspieler und ein Regisseur finden...

 

Personen:
Soldat 1      der Zweifler
Soldat 2      der Kriegslüsterne
Soldat 3      der Mitläufer
Soldat 4      der Deserteur

 


FADE IN

 

1    INNEN – UNTERSTAND – TAG                  1

 

SOLDAT 1 (Voice-Over)

Damals verlor ich meine Unschuld.

 

Insert „Deutschland, Frühling 1945“

 

Das Bild wird heller und wir sehen drei junge SOLDATEN in einem Unterstand. Sie haben verschiedene Uniformen an. Nur die Armbinden mit dem zweizeiligen weißen Aufdruck „Deutscher Volkssturm – Wehrmacht“ zwischen zwei Hoheitszeichen weisen sie als Angehörige einer Truppe aus. Sie sind schmutzig. Sie langweilen sich und sind trotzdem heiß auf eine Begegnung mit dem Feind. Nur ist dieser bis jetzt nicht aufgetaucht.

SOLDAT 3 sieht aufmerksam aus dem Unterstand hinaus in den Wald. Er wartet auf Bewegungen des Feindes. SOLDAT 2 reibt sein Gewehr ab. SOLDAT 1 spielt, ohne sich besonders zu konzentrieren, Solitär.

 

SOLDAT 1

(eine Karte aufdeckend, gähnend)

Mann, ist das öde.

 

SOLDAT 2

(Gewehr reibend)

Jetzt können sie kommen. Ich freu´ mich drauf.

 

SOLDAT 1

(aufgerichtet, Soldat 2 ansehend)

Ich will endlich beweisen, dass ich für meinen Führer kämpfen kann.

 

Soldat 2 nickt zustimmend.

 

SOLDAT 3

Mmh. – Da. Da bewegt sich etwas.

 

Die beiden anderen Soldaten stehen auf und stellen sich neben Soldat 3. Sie sehen hinaus.

 

 


2    AUSSEN – WALD – TAG                   2

 

P. O. V.: Aus dem Unterstand in den Wald:

Ein einzelner SOLDAT 4 schleicht sich in Richtung Feind. Er sieht dabei immer wieder über seine Schulter; als ob die Gefahr von hinten käme. Aus der Richtung, aus der wir die eigenen Truppen vermuten. Soldat 4 schleicht anscheinend zu den gegnerischen Stellungen, ohne von dort eine Gefahr zu erwarten.

(Während des gesamten Gespräches flüstern die Soldaten)

 

SOLDAT 3 (Voice-Over)

Einer von uns.

 

SOLDAT 1 (Voice-Over)

Das ist doch der Sohn vom Gauleiter?

 

SOLDAT 2 (Voice-Over)

Könnte sein.

 

SOLDAT 1 (Voice-Over)

Und jetzt?

 

 

 

3    INNEN – UNTERSTAND – TAG                  3

 

SOLDAT 2

(schneidet sich mit einer Handbewegung die Kehle durch)

Der Feigling will desertieren.

 

SOLDAT 1

Und wenn er einen Erkundungsauftrag hat?

 

 

 


4    AUSSEN – WALD – TAG                   4

 

Soldat 4 blickt ängstlich über seine Schulter. War da ein Geräusch?

 

SOLDAT 2 (Voice-Over)

Aber – da sind wir.

 

Soldat 4 schleicht weiter in Richtung Feind.

 

SOLDAT 1 (Voice-Over)

Wir wissen nicht, wo der Feind ist.

 

 

 

5    INNEN – UNTERSTAND – TAG                  5

 

SOLDAT 3

(zu Soldat 2 sagend, auf Soldat 1 deutend)

Du, er hat Recht. Wir schnappen ihn uns.

 

 

 

6    INNEN – UNTERSTAND – TAG/SPÄTER           6

 

Die Tür fliegt auf und die drei Soldaten stoßen den Gefangenen hinein. Dieser stolpert auf den Tisch zu.

 

SOLDAT 3

Setz´ dich.

 

Soldat 4 setzt sich mit durchgedrücktem Kreuz hin. Er legt seine Handflächen auf den Tisch. Ängstlich, aber auch gleichzeitig selbstsicher, sieht er die Soldaten an.

 

SOLDAT 2

Also? Wo willst du hin?

 

SOLDAT 4

Zu den Amerikanern.

 

SOLDAT 2

Seht ihr. Der Feigling will desertieren.

 

 

SOLDAT 1

Vielleicht hat er einen Auftrag?

 

SOLDAT 4

Ich desertiere nicht.

 

Soldat 1 steht daneben. Ihm gefallen die nun folgenden gehässigen Reaktionen seiner Kameraden nicht. Aber, was kann er tun? Und, soll er etwas tun?

 

SOLDAT 3

Ach nee? Was denn?

 

SOLDAT 2

Du warst schon immer ein Drückeberger.

 

SOLDAT 3

Hast immer auf mich herabgesehen und große Sprüche über den Sieg geklopft.

 

SOLDAT 2

Begeisterter als der Papa.

 

SOLDAT 3

Für die nationale Sache kämpfen.

 

SOLDAT 2

Im letzten Aufgebot.

 

SOLDAT 2/SOLDAT 3

Wir tun es. Hier und jetzt.

 

Sie schlagen ihre Haken zusammen und nehmen Haltung an.

Soldat 1 macht – nach einem kurzen, von seinen Kameraden nicht bemerkten Zögern – mit.

 

SOLDAT 2

Aber du?

 

Soldat 4 lässt seine Schultern nach vorne fallen.

 


SOLDAT 4

Der Krieg ist verloren. Wir können nicht mehr gewinnen.

 

Soldat 4 senkt den Kopf.

 

SOLDAT 2

Wir bleiben und kämpfen.

 

SOLDAT 3

Schmarotzer.

 

SOLDAT 2

(mit glänzenden Augen)

Volksschädlinge werden ausgemerzt.

 

Soldat 4 sieht Soldat 2 an.

Soldat 3 spuckt Soldat 4 ins Gesicht.

Soldat 4 lässt die Spucke einfach runterlaufen.

 

SOLDAT 4

(tonlos)

Ihr werdet nur sterben. Das ist alles. Sie sind in der Übermacht und wir haben keine Munition mehr.

 

SOLDAT 3

Wir haben Befehle.

 

SOLDAT 2

Wir sollen hier unser deutsches Volk verteidigen. Gegen den jüdischen Bolschewismus.

 

SOLDAT 3

Genau. Du stinkender Hasenfuß hältst einen kurzen Rückschlag für das Ende.

 

Soldat 4 sinkt wieder in sich zusammen.

 

SOLDAT 4

Die Wehrmacht, die SS, - es gibt sie nicht mehr. Auch die Offiziere geben auf. Vergesst euere Befehle.

 

SOLDAT 2

Wir haben sie vor fünf Tagen erhalten.

 

SOLDAT 3

Und seitdem haben wir keinen anderen Befehl erhalten.

 

SOLDAT 2

Solange ein Befehl nicht widerrufen wird, ist er gültig.

 

SOLDAT 4

Ihr habt seit fünf Tagen nichts mehr gehört.

 

SOLDAT 3

Na und?

 

Soldat 4 richtet sich wieder etwas auf.

 

SOLDAT 4

Denkt doch einmal nach. Die haben euch einfach vergessen.

 

Soldat 1 ist dankbar über diese Vorlage. Endlich hat er etwas, mit dem er vielleicht seine Kumpels überzeugen kann.

 

SOLDAT 1

Ich glaube, er hat Recht. Seit einer guten Woche sitzen wir hier und warten. Die Ablösung kommt nicht und Nachrichten haben wir auch keine mehr erhalten. Wir wissen nicht, was die letzten Tage los war.

 

SOLDAT 3

(nickend)

Und zu Essen haben wir auch nichts mehr bekommen.

 

Soldat 4 richtet sich weiter auf.

 

SOLDAT 4

Seht ihr.

 

SOLDAT 1

(zu den anderen)

Einer von uns muss mit unserem Führer reden. Befehle prüfen. Und dann müssen wir ihn

(er richtet sein Gewehr auf Soldat 4)

einem Standgericht übergeben.

 

SOLDAT 2

Das können wir hier machen.

(auf Soldat 3 deutend)

Du bist der vorsitzende Strafrichter -

 

SOLDAT 3

Nein. Wir halten uns an die Vorschriften. Nicht wie der da.

 

Soldat 3 macht eine abschätzige Handbewegung zu Soldat 4.

 

SOLDAT 1

Ich könnte rüber laufen. In die Stadt. Wenn ich mich beeile, bin ich in einigen Stunden wieder zurück. Und wenn sich nichts geändert hat, können wir ihn immer noch seiner gerechten Strafe zuführen.

 

SOLDAT 2

Das ist doch vollkommen überflüssig. Wir haben unsere klaren Befehle und der Verräter da will sich verdrücken.

 

Soldat 4 schüttelt den Kopf.

 

SOLDAT 4

Es gibt kein Kommando mehr. In der Kaserne ist niemand mehr. Mein Vater hat sich heute Morgen umgebracht. Es ist vorbei. Wir haben diesen Krieg verloren.

 

SOLDAT 3

Das kann nicht sein. - Wir kämpfen doch für die gerechte Sache.

 

SOLDAT 4

(schüttelt den Kopf)

Wir haben für die falsche Sache gekämpft. Von Anfang an. Wir wurden belogen und betrogen.

 

Soldat 4 zeigt mit einer Handbewegung beim letzten Satz an, dass sie von denen da oben, den Vorgesetzten und dem Führer, betrogen wurden.

Soldat 3 entsichert sein Gewehr. Die Soldaten 1 und 2 ebenfalls.

Soldat 4 versucht sich vor den Kugeln zu schützen.

Gewehrschüsse erfüllen den Raum.

Nachdem der Schusslärm aufhört, liegt Soldat 4 als blutiger Fetzen auf dem Boden.

Nichts ist zu hören.

Langsam löst sich der Pulverdampf auf. Die Luft in dem kleinen Unterstand wird wieder klar.

Die Soldaten blicken fassungslos auf die Leiche.

Dann nehmen die Soldaten 2 und 3 Haltung an.

Soldat 3 spuckt genussvoll auf die Leiche.

 

SOLDAT 3

Dreckiger Jude.

 

Soldat 2 nickt anerkennend.

Die Kamera fährt langsam auf Soldat 1 zu. Dieser blickt entsetzt auf das blutige Bündel auf dem Boden.

 

SOLDAT 1

(flüsternd, fast unhörbar)

Wir - haben einen Menschen getötet.

 

Das Gesicht von Soldat 1 füllt die Leinwand aus.  

 

 

 

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